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Functional Manual Reaction FMR

Erstmal 1000 Dank Leute für die vielen Anfragen und die Emails bezüglich der fachlichen Blogeinträge. Wir werden jeden Sonntag einen weiteren Blogeintrag rund um das Thema Funktionelles Training folgen lassen. Infos zum Thema Inhouse Fortbildungen findet ihr hier auf der Homepage.

FMR (Functional Manual Reaction)

Beim Motorrad steckt die Kraft natürlich im Motor. Mit meinen Händen kann ich aber die Richtung des Motorrades vorgeben. Über den Lenker kann ich dafür sorgen, dass es geradeaus oder Kurven fährt und ich mich zur Seite lehne. Somit bestimme ich alle drei Bewegungsebenen. Meine Hände kümmern sich aber vor allem ums TIMING. Das Timing ist beim Bremsen mit Fuß oder Hand, beim Gas geben, aber vor allem beim Schalten und Kuppeln extrem wichtig. Die Hände lenken die Kraft.

Bei der Technik des Functional Manual Reaction - kurz FMR - haben die Hände die Aufgabe Knochen zu bewegen. Sie bewegen einen Knochen schneller während sie einen anderen gleichzeitig verlangsamen, beschleunigen beide oder verlangsamen beide. Damit wird in der Basis ein Gelenk so beeinflusst, dass als Resultat bspw. eine relative Gelenkrotation herauskommt, die genau für eine gewünschte Funktion benötigt wird. Hintergrund dieser Technik ist das Verständnis von „Real and Relative“ (siehe vorherige Artikel). Hierbei geht es um Knochenbewegungsgeschwindigkeiten und die dadurch erzeugten Bewegungen im Gelenk.

Beispiel: Der linke Fuß führt einen Ausfallschritt in die Rechtsrotation aus. Ich kreiere eine Knochenbewegung durch die biomechanische Kette. Der Bewegungsinitiator (Driver) ist  der linke Fuß. Dies führt zu einer Reaktion im rechten Femur.  Er startet von neutraler Position in die Bewegung der Aussenrotation, dreht also nach rechts. Das ist die reale Knochenbewegung. Dies lässt auf Aussenrotation in der rechten Hüfte schließen. Da aber der Driver der linke Fuß ist, geht die Kettenreaktion das linke Bein hoch, kreuzt das Becken und geht auf der rechten Seite runter. Das Becken bewegt sich  schneller als der rechte Femur, da es näher am Driver, dem linken Fuß ist. Resultat ist eine Innenrotation in der rechten Hüfte – keine Aussenrotation.

FMR ist das Benutzen der funktionellen Driver um authentische Bewegungen zu produzieren. Wir „tweaken“ Bewegungen. Das bedeutet wir nutzen die Driver so aus, dass bestimmte Kettenreaktionen neu justiert werden. Hierbei gilt es vor allem Schwerkraft, Bodenreaktionskräfte und die Eigendynamik des Körpers Masse und Moment mit einzubeziehen. Dies passiert vornehmlich in aufrechter Position. Die Muskelkraft selber ist ein Driver. Der Vorteil von FMR ist, dass die Hände zu einer kleinen Ergänzung von dem werden, was die Muskulatur bereits macht. Beim FMR startet man eine Bewegung mit einem Driver. Alles kann ein Driver sein. Sogar die Nase kann benutzt werden um einen Reach nach vorne zu machen oder um sich zu beugen um eine Vorstellung zu bekommen wie viel Hüftflexion der Patient hat. Ihr könnt auch die Schulter benutzen um die BWS zu analysieren.

Im Video wählten wir die Hand als Driver, da die Patientin Tennisspielerin ist. Die Anwendung der FMR Technik ist sehr einfach und nur 1% der Arbeit. Die Konfiguration der Bewegung die unser Patient benötigt und das Wissen, wann sich welcher Knochen wie schnell bewegt, sind die anderen 99%.

Erstes und wichtigstes Ziel ist in den Propriozeptoren dieselbe Reaktion hervorzurufen die sie auch während authentischen funktionellen Bewegungen bekommen würden. Dafür müssen wir verstehen was die Propriozeptoren anturnt und mit wem sie sich unterhalten. Welche Art von Informationen benötigen sie bevor sie loslegen und wie kann ich das mit meinen Händen erzeugen. Das interessante bei FMR ist, dass man eine Bewegung in einer bestimmten Ebene und in eine bestimmte Richtung assistiert. Im Anschluss transformieren wir diese Unterstützung in dem wir die Richtung ändern oder Widerstand geben. Ich kann das exzentrische Laden erhöhen und hinzufügen innerhalb der Reichweite in der sich der Patient gerade befindet. Das kann eine Initialreichweite, eine mittlere oder die größte Reichweite sein die dem Patienten zur Verfügung steht. Dadurch entsteht eine Reaktion der Propriozeptoren und der Patient kann effektiver auf die ausgewählte Bewegung reagieren.

Peltrunkularus“ - Pelvis Trunk Scapula Humerus - nennt sich die im Video gezeigte Technik.

Welche Bewegung muss ich in der rechten Hüfte verbessern damit die Funktion des Gehens besser abläuft? Im Video verbessere ich die Hüftstreckung der Patientin durch ein Abbremsen des Femurs und einer Beschleunigung des Beckens. Hierfür wurde die Patientin so authentisch vorpositioniert, dass ein bestimmtes Maß an Extension bereits vorhanden ist. Gleichzeitig muss ich wissen, welche anderen Bewegungen beim Gehen in der Hüfte  ablaufen. Hätte der Patient eine Limitation in der Sagittalebene - zum Beispiel während der Streckung - könnte man zur Verbesserung der Streckung sehr gut die Frontal- und Transversalebene zuerst behandeln. Es kommt sehr häufig vor, dass man nicht nur in einer Ebene arbeiten muss. Ein weiteres Beispiel hierfür wäre den Femur in der Streckung abzubremsen, gleichzeitig das Becken aber in der Innenrotation zu beschleunigen um den Iliopsoas zu erwischen. Ziel ist mehr Streckung zu erhalten und die Fähigkeit verbessern aus der Adduktion in die Abduktion zu kommen. Ich muss hierbei in einer Ebene in der maximalen Bewegungsreichweite des Patienten arbeiten, in der anderen Ebene gleichzeitig aber nur in der mittleren Bewegungsreichweite, denn das ist was Funktion ausmacht. 

Würde ich die Innenrotation der rechten Hüfte verbessern wollen, etwa fürs Golfen oder für einen Sprung, ändert sich die Vorpositionierung dementsprechend. Immer mit dem Ziel eine authentische Funktion zu ermöglichen. Mit wieviel Kraft der Knochen bewegt wird, ist Gefühlssache – der Körper des Patienten verrät es euch. Wo ein großer Knochen hindreht und mit welcher Geschwindigkeit er beschleunigt oder abgebremst werden muss, hat meine Arbeit am Patienten effektiver gemacht. Hände können die Funktion nicht ersetzen, es ist nur eine Ergänzung.

Die Hüften sind der erste wichtige Ansatzpunkt. Wenn es jemals ein Neuro-Muskel-Skeletales Gehirn im Körper gab dann ist es der Arsch. Er kann über alles nachdenken, sich selber beschützen, kann Bewegung limitieren. Es hat jedoch dramatische Folgen für jede biomechanische Kettenreaktion, schaffen wir es aber ihn anzuschalten haben wir den Motor gestartet! Auch der Hüftbeuger ist ein dreidimensionaler Muskel. Alleine Übungen zur Hüftstreckung reichen nicht zur Problemlösung. Der Patient wird seine Schmerzen nicht los, wenn er die anderen zwei Ebenen nicht austrainiert. Durch die Vorpositionierung des rechten Beins hinten erreichen wir bereits eine Innenrotation. Der Patient bekommt eine Bewegungsanweisung und während er sich bewegt wird die FMR - Technik angewandt. Die Patientin bekommt die Aufgabe mit dem linken Knie nach vorne über die Fußspitzen zu gehen. Ihr könntet die Innenrotation hier durch einen kleinen Tweak verstärken in dem ihr den rechten Fuß noch etwas mehr in der Innenrotation vorpositioniert ihr bereitet so die rechte Hüfte noch besser auf die Streckung vor. Jetzt bewegt ihr das Becken mit eurer linken Hand nach vorne und zieht den Femur mit eurer rechten Hand zurück mit dem Ziel der Hüftstreckung. Wenn der Iliopsoas versucht euch zu täuschen geht das Becken auf der linken Seite nach hinten, um das zu kontrollieren ist es besser die Beckenführende Hand mehr mittig fast rechts zu positionieren so könnt ihr sowohl Sagittal- als auch Transversalebene kontrollieren.

Peltrunkularus bedeutet erst dafür zu sorgen das das Becken richtig lädt, in allen sechs Bewegungsrichtungen richtig und authentisch zum Gangbild arbeitet und damit die Schulter gefüttert werden kann. Dann kontrollieren wir über Becken und Scapula den Rumpf und als letztes geben wir Input über den Humerus. Man sollte sich immer wieder den Punkt anschauen bei dem die Bewegungsrichtung geändert wird. Er verrät uns die meisten Informationen über die Funktion.

Stimmt die Bewegungssequenz der Segmente in allen drei Ebenen, das Timing an diesem Punkt? Was stimuliert die Bewegung? Propriozeptiv bekommt unser Körper einen Stimulus, wenn das distale Segment bis zu dem Punkt, wo es nicht mehr weiter beschleunigt werden kann, beschleunigt wird (bspw.  Aussenrotation rechter Arm). Hier muss es dann gebremst werden. Der Bereich, bei dem das Bremsen beginnt, beschreibe ich als Transformationszone. Distale Segmente müssen sich mehr bewegen, da hierdurch eine Längung des Gewebes der Muskulatur entsteht. Diese Muskeln werden dann geladen. Die Bewegung schaltet also die Muskulatur an und sagt ihr, wann sie abbremsen muss um in die Gegenrichtung zu beschleunigen. Wenn wir die Scapula in der Aussenrotation bewegen, entsteht diese weil sich der Humerus mitbewegt, er aber schneller ist als die Scapula. Beide Knochen bewegen sich in dieselbe Richtung, der Distale ist aber schneller. Ergebnis ist ein propriozeptives Laden der Muskulatur. Diese Funktion unterstützen wir mit unseren Händen in allen sechs Bewegungsrichtungen und allen drei Ebenen (distales Bremsen, proximales Beschleunigen). Versteht man die Funktion der Sequenzen, werden die Hände des Therapeuten sehr wirkungsvoll. Es entsteht ein Übergang zwischen Assessment und Training, den der Patient nicht merkt. Viele manuelle Therapien manipulieren den Humerus während die Scapula fixiert ist. Bei dieser Technik wird die Scapula manipuliert, da das Laden der Schulter vom großen Zeh aus nach oben entsteht, obwohl es oft so aussieht als entstehe sehr viel distal über die Hand.

Beispiel: Sagittalebene (Bewegung: simulierter Bowlingwurf): Wichtig ist die Beckentranslation nach hinten und die Rotation nach vorne (Hüftbeugung). Die Bewegung ist über die Hände des Therapeuten zu ergänzen. Wenn das Becken nach vorne rotiert muss die Scapula in dieselbe Richtung gehen. Das Becken wird euch immer verraten wo sich die Scapula hinbewegen sollte, denn beide sollten sich synchron bewegen. Überkopfbewegung mit dem behandelten Arm vorher und nachher testen.

Bei der Streckung auf Rotation des Beckens nach hinten achten. Genau wie bei der Scapula. Falls ihr euch fragt: “Wo sollte ich sie anfassen während der Anwendung?“ Ist die Antwort: „JA!“ Bewegt eure Hände die ganze Zeit an der Scapula. Ist FMR biomechanische Mobilisation der Muskulatur, der Knochen, der Nerven, der Faszien oder der Kapsel? JA.

Transversalebene: Innenrotation. Der rechte Fuß macht einen Ausfallschritt in die Linksrotation und lädt dadurch das Becken. Die Hände des Therapeuten am Becken sorgen dafür, dass das Becken schneller dreht als der Femur. Es ist auch darauf zu achten, dass Adduktion und Flexion entsteht. Die rechte Hand wandert nun zur rechten Scapula. Ich will  sehen und spüren wie die Scapula um die Ecke rotiert. Ich drücke nach und lasse wieder locker wenn die Patientin in der Rückbewegung ist. Wir arbeiten nicht an der „Explode“ –Bewegung, sondern am Assessment des Load. Danach beide Hände an Scapula und Infraspinatus setzen. Als Letztes folgt Scapula und Humerus.

Wichtig für jede Ebene: Wenn ich das Becken bewege, arbeite ich dann an der linken oder an der rechten Hüfte? JA.

Fazit:

Wendet man Peltrunkularus an, arbeitet an jedem Punkt und hat zum Beispiel für die Aussenrotation der rechten Schulter einen Retest mit dem Ergebnis gemacht, dass die Aussenrotation um 30 Grad zugenommen hat, dann fragt man sich, ob die Aussenrotation der rechten Schulter tatsächlich 30 Grad mehr hat. Die Antwort lautet Nein. Der gesamte Körper des Patienten hat 30 Grad mehr Rechtsrotation und die rechte Schulter muss dadurch weniger arbeiten.

Nächste Woche behandeln wir das Thema KNIEBEUGE im Zusammenhang mit funktionellen Strategien.